„Aufgrund der … Gefahr eines Jochbruches, sowie schlimmstenfalls eines Glockenabsturzes muss aus sicherheitstechnischen Gründen das Läuten der Glocken eins, zwei und drei eingestellt werden. Aufgrund der Materialeigenschaften von Stahl kann das Versagen der Konstruktionen plötzlich und schlagartig erfolgen.“Diese Nachricht der Glockensachverständigen der Diözese Würzburg und des Diözesanbaumeisters Caesare Stefano erreichte die Kirchenverwaltung der Kirchenstiftung St. Aegidius am 23. Februar 2018 – mitten in den Vorbereitungen für die überfällige Außensanierung der Filialkirche St. Aegidius in Gernach. An diese Geschehnisse erinnerte Pfarrer Thomas Amrehn im Festgottesdienst, den Bischof Friedhelm Hofmann nach der Weihe der drei neuen Glocken mit der Gernacher Gemeinde feierte. Man sei natürlich zuerst geschockt gewesen, so berichtete der Seelsorger, dass die Situation im Gernacher Glockenturm so bedrohlich sei. Aber man habe sich gleich mit der Gemeinde Kolitzheim in Verbindung gesetzt. Gespräche mit der Bischöflichen Behörde, dem Architekten, dem Statiker begannen. Aber auch unter den Gläubigen in Gernach wurde diskutiert, wie man jetzt verfahren solle. Schließlich beschloss die Kirchenverwaltung, eine grundlegende Renovierung des Glockenstuhles und der Läutanlage in Angriff zu nehmen, sowie drei neue Glocken gießen zu lassen. Kostenschätzung für diese Maßnahme: etwa 85.000 Euro – genau der Betrag, auf den sich der Beitrag der Kirchenstiftung Gernach zur geplanten Außenrenovierung von Turm und Langhaus belaufen sollte. Dieser Beschluss der Kirchenverwaltung fand große Zustimmung beim örtlichen Pfarrgemeinderat, beider Kommune. Vereine, Banken und private Förderer standen zusammen – nicht nur in Worten, sondern auch in Taten, sodass durch großherzige Spenden und Darlehen ein Großteil dieser Summe schon aufgebracht werden konnte.
Mit der Glockenweihe durch Bischof em. Friedhelm Hofmann am vergangenen Sonntag fand diese schwierige Zeit einen erfreulichen Abschluss. Viele Vertreter des öffentlichen Lebens, unter ihnen die Stellvertretende Landrätin Christine Bender, Bürgermeister Horst Herbert, die Vorsitzende des Pfarrgemeinderats, Inge Henkel, die örtlichen Gemeinderäte Dieter Dietz und Reinhard Heck, die Vorsitzende des Ortsausschusses Gernach des Pfarrgemeinderats, viele Vereinsvorsitzende aus Gernach und auch Gäste aus den Nachbargemeinden waren nach Gernach gekommen, um dieses „Jahrhundertereignis“ festlich miteinander zu feiern. Am Ortseingang von Gernach begrüßte die Musikkapelle Gernach den hohen Gast mit frohen Klängen. Danach überreichten die Kinder von KOMM-IN dem Bischof ein Plakat in Form einer Glocke. Das Besondere dieses Plakates: Jedes der Kinder hatte eine kleine Glocke gemalt und mit seinem Namen versehen. Der Bischof freute sich sehr über das Geschenk der Kinder und versprach: „ich werde es gut aufheben.“ Karin Johe-Nickel, die Sprecherin des Ortsausschusses des Pfarrgemeinderats entbot dem hohen Gast namens der Kirchenverwaltung, des Pfarrgemeinderats und der Ehrenamtlichen ein herzliches „Grüß Gott.“ „Wir freuen uns, dass heute, am Festtag der Taufe des Herrn, unser Wunsch, dass die Glocken geweiht werden, in Erfüllung geht. Bürgermeister Horst Herbert entbot die Grüße und Glückwünsche der Gemeinde. Er hob hervor, dass die Glockenweihe auch für die politische Gemeinde ein besonderes Ereignis sei. Glocken hätten verschiedene Aufgaben, die Kirchenglocken seien ein Zeichen des Glaubens und geben dem Tag durch ihr Läuten auch eine Struktur. Der Bischof bedankte sich für den herzlichen Empfang. Nach einem kurzen Segensgebet besprengte er die Gläubigen mit Weihwasser . Dann lud er ein zur Prozession zur Kirche: „Gehen wir los, damit wir hier nicht einfrieren“ meinte er scherzhaft. Während der Prozession zur Kirche begleitete die Musikkapelle Gernach den Gesang der Gläubigen. Pfarrer Thomas Amrehn informierte zwischen den Gesangsstrophen über die „technischen Daten“ der neuen Glocken. Am Vorplatz der Kirche warteten die vier festlich geschmückten Glocken auf den Segen des Bischof. Nach einem Gebet der Kinder zum Kyrie rief der Bischof den Segen Gottes auf die Gemeinde und die neuen Glocken herab. Dann besprengte er die Glocken mit Weihwasser, segnete sie mit Weihrauch und salbte jeder der drei neuen Glocken an vier Stellen mit Chrisam. Danach schlug er jede der Glocken mit einem Klöppel an – zum ersten Mal nach der Weihe war ihr schöner Ton zu hören. Unter den Klängen der Musikkapelle Gernach, die den Gesang der Gläubigen unterstützte, zog der Bischof mit dem Altardienst und den Fahnenabordnungen der Vereine in die Kirche ein . Während des Gottesdienstes begleitete Anita Niedermeyer an der Orgel den Gesang der Gläubigen und umrahmte den festlichen Gottesdienst musikalisch. Bischof Friedhelm stellte in seiner Predigt das Leben Jesu in den Mittelpunkt. Lange Zeit habe Jesus als Sohn Gottes im Verborgenen gelebt. Seine Geburt fand in aller Stille statt. „Er stand auch unerkannt inmitten vieler Menschen, die sich als Sünder bekannten und von Johannes die Bußtaufe empfangen wollten“, so der Bischof. Dies tat er, obwohl er keine Schuld hatte. „Er nimmt die Schuld der anderen auf sich. Sein Gang zur Taufe ist ein Bußgang für andere.“ Aber damit keine Mißverständnisse entstehen konnten, bekannte sich Gott zu ihm: „Du bist mein geliebter Sohn, an Dir habe ich Gefallen gefunden“ - so spricht die Stimme vom Himmel zu Jesus und den Menschen. Aber die Botschaft von der Erlösung wird auch bekannt gemacht: die Engel verkünden die Geburt Jesu den Hirten, die Weisen aus dem Morgenland folgen dem Stern, und Jesus selbst offenbart sich mit seinem ersten Wunder, der Verwandlung von Wasser in Wein bei der Hochzeit zu Kana als Sohn Gottes. Die Erlösung durch Jesus darf nicht im Verborgenen bleiben.
„Sie gehen alle Menschen an und müssen deshalb auch allen Menschen verkündet werden -hier bei uns und weltweit“ - so der Bischof. „Die Glocken spielen dabei eine besondere Rolle. Sie rufen zum Gottesdienst machen auf besondere Feste und Ereignisse aufmerksam, begleiten unser Leben von der Geburt bis zum Tod.“ Er erinnerte daran, dass eine Glocke dem Heiligen Aegidius geweiht ist, dessen Tod sich in diesem Jahr zum 1.300 Mal jährt. Sein Wunsch für die Gernacher Glocken: „Mögen sie die Herzen der Menschen erreichen und auf Gottes Liebe verweisen.“ Nach dem Gottesdienst waren alle zu einem Umtrunk am Vorplatz der Kirche eingeladen. Viele Gäste hatten den Wunsch, die Glocken auch einmal zum Klingen zu bringen – so die Stellvertretende Landrätin, der Bürgermeister, die örtlichen Gemeinderäte, Pfarrer Niekel, der die Ornamente der Glocken entworfen hatte, und natürlich auch Kirchenpfleger Michael Werner und Pfarrer Thomas Amrehn.
Die geladenen Gäste waren dann im TSV-Sportheim zu einem fränkischen Mittagessen geladen.
Pfarrer Amrehn bedankte sich in seiner Tischrede bei allen, die zum Gelingen des „Projekts Glocken“ beigetragen hatten. Er erinnerte an die Situation in der Nazizeit, als die drei Glocken gegen den Widerstand der Bevölkerung aus dem Glockenstuhl entfernt wurden – der Widerstand war ein Glaubenszeugnis, für das wir dankbar sein müssen. Besonderer Dank galt der politischen Gemeinde, die sich an den Kosten für die Außenrenovierung von Langhaus und Kirchturm350.000 Euro veranschlagt ist, sowie an den neu entstandenen Kosten für die überraschend notwendige Dachrenovierung in Höhe von 200.000 Euro jeweils zu einem Drittel beteiligt. Besonderer Dank des Seelsorgers galt auch dem Kirchenpfleger Michael Werner. Er habe „unendlich viele Telefonate“ geführt. Mit dem heutigen Tag finde eine „Erfolgsgeschichte“ einen vorläufigen Abschluss, an der Michael Werner als Kirchenpfleger im Team der Kirchenverwaltung einen großen Anteil habe. Die Stellvertretende Landrätin Christine Bender, gebürtige Gernacherin, überbrachte die Grüße des Landkreises für den verhinderten Landrat Florian Töpper. Die Gernacher Glocken seien für sie mit vielen Kindheitserinnerungen verbunden, etwa an den gemeinsam gebeteten Engel des Herrn mittags um 12.00 Uhr, wenn die Glocken läuteten. Pfarrer Niekel, der den Schmuck für die Glocken verantwortete, legte dar, dass mit der Abbildung von Statuen, die auch in der Gernacher Kirche beheimatet sind, auch die Glaubensüberzeugung der Gernacher so ihren Ausdruck findet. Bürgermeister Horst Herbert erinnerte an die erfolgreich abgeschlossenen Kirchenrenovierungen in Oberspiesheim und Unterspiesheim und an den geplanten Neubau des Kindergartens in Unterspiesheim. Pfarrer Thomas Amrehn sei die „treibende Kraft“ in diesen Ortschaften gewesen, und er sei dies auch bei der Kirchenrenovierung in Gernach. Die Gemeinde unterstütze die Vorhaben der Kirche, die Pfarrer Amrehn vortrage, nach ihren Möglichkeiten. Der Bürgermeister bedankte sich für die gute Zusammenarbeit in den Zeiten des Wandels in Kirche und Gesellschaft. „Ein Glücksfall, “- so bezeichnete Kirchenpfleger Michael Werner Pfarrer Amrehn. „ich weiß nicht, was wäre, wenn wir ihn nicht als Pfarrer hätten“ - und es würde manches nicht so laufen, wie es läuft“ - so brachte er seinen Dank und seine Anerkennung zum Ausdruck Langanhaltender Beifall der Gäste zeigte, dass Michael Werner den Nagel auf den Kopf getroffen hatte.
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